Das 40-Millionen Weihnachtsgeschenk - Der Kaufvertrag Lorac - Groth vom 21.12.2012

So werden Geschäfte gemacht - vorbei an demokratischen Strukturen?

 

Am 21.12.2012 fand im Büro von Bezirksbürgermeister Naumann (SPD) eine "finale Verhandlungsrunde" mit dem Investor statt. Am gleichen Tag ging es noch zum Notar und der Kaufvertrag Lorac - Groth wurde unterzeichnet. Verkaufspreis für das von Lorac im Jahr 2008 von der Post für rd. 600.000 EUR erworbene Grundstück: 40.290.000 EUR.  Erst zwei Tage zuvor wurde die Groth u-invest Vierzehnte GmbH & Co. Forckenbeckstraße KG gegründet und war zu diesem Zeitpunkt noch nicht im Handelsregister eigetragen. Gesellschafter ist - neben weiteren Groth Unternehmen - die Fünfte JANUS GmbH & Co. KG, hinter der Peter Unger (ehemals Inhaber von ATU und Geldgeber von Groth) steht.

 

Noch am 27.11.2012 hatte Staatssekretär Gaebler auf eine Kleine Anfrage im Abgeordnetenhaus geantwortet "Der Senat ist grundsätzlich weiterhin an einer Sicherung der Kleingartenanlage Oeynhausen interessiert" (DS 17/11112).

 

Die Bezirksgrünen rangen noch im Dezember 2012, hin- und hergerissen zwischen den eigenen Werten und dem Zählgemeinschaftspartner SPD um die Frage, ob man den Bebauungsplan als Grünfläche festsetzen solle. Nur an ihnen hing die Entscheidung. Die Mehrheit zusammen mit CDU, Piraten und Linken war zum Greifen nah. Der ursprüngliche Plan von Stadtrat Schulte (SPD) war, in der Dezember-BVV am 13.12.2012 Baurecht im Wege der Befreiung durch die BVV beschließen zu lassen. Genau das passierte aber nicht, der Plan ging nicht auf.

 

Beschlossen war im Dezember also nichts, der Bebauungsplan zur Grünflächensicherung, fertig abgewogen und mit einem prognostizierten Risiko von nur 870.000 EUR, in der Schublade des Stadtrates (gut versteckt, die Bezirksverordneten wussten davon nichts und erfuhren auch erst durch spätere Akteneinsichten davon). Trotzdem wurde von Herrn Groth bereits die Vierzehnte GmbH & Co. Forckenbeckstraße gegründet und der Kaufvertrag unterzeichnet, direkt nach der "finalen Verhandlungsrunde" bei Bezirksbürgermeister Naumann am 21.12.2012.

 

Fakten schaffen lautete die Devise. 

 

Medial beurkundet wurde der Vertrag durch Senator Müller am 27.12.2012 in der Abendschau. Er sorgte für reichlich Erstaunen, als er den Kompromiss in Wilmersdorf verkündete, hatte doch das entscheidende Organ - die Bezirksverordnetenversammlung als Plangeber - gar keinen Beschluss gefasst. Klaus Groth erklärte später "er habe sich politisch abgesichert". 

 

Nicht ahnend, dass andere bereits für sie entschieden hatten und unter größtmöglichem Zeitdruck, erzeugt von Stadtrat Schulte ("der Kompromiss platzt sonst"), beschlossen die Bezirksverordneten am 17.01.2013 den Teilbebauungskompromiss (der dann Mitte 2013 per BVV-Beschluss wieder aufgehoben wurde). Die BVV wurde vom Entscheidungsträger zum Handlanger degradiert.


Der Kaufvertrag steht unter der aufschiebenden Bedingung (Original-Vertragstext siehe unten als Bild), dass Baurecht entsteht. Wie das Baurecht i. S. des Vertrages definiert sein soll wird auch festgelegt (siehe ebenfalls Bild unten). Fristablauf für diese und andere Bedingungen des Vertrages war der 30.06.2014. Keine einzige der Bedingungen ist bis heute erfüllt.

 

Ein Blick in den Kaufvertrag hätte den Bezirksverordneten im Januar 2013 genügt, um zu wissen, dass ein Zeitdruck nicht bestand. 

 

Vielmehr wurde hinter dem Rücken der BVV ein Deal ausgehandelt und stolz als Kompromiss im Rahmen harter Verhandlungen verkauft. Und Stadtrat Schulte hat so gut verhandelt, dass aus maximal 64.000 m² Geschossfläche, die laut Baunutzungsplan möglich gewesen wären, per Kompromiss und Kaufvertrag 11.800 m² mehr, nämlich 75.800 m² - und das nur auf der Hälfte der Grundstücksfläche - geworden sind. Und im gleichen Atemzug aus 600.000 EUR 40 Millionen.

 

Ein Jahr später, zu Weihnachten 2013, wollte Senator Müller dann das zugehörige Baurecht verschaffen. Indem er - wiederum nach einer Besprechung beim Bezirksbürgermeister - die Anweisung erteilen ließ, im Widerspruchsverfahren gegen den Bauvorbescheid Baurecht zu erteilen "zur besseren politischen Durchsetzbarkeit des Kompromissvorschlages" (die Anweisung liegt uns vor). Entgegen der Meinung der eigenen Fachabteilung, auch die liegt uns vor.

 

Welches Weihnachtsgeschenk wird dieses Jahr vergeben, Herr Müller?

Auszug aus dem Kaufvertrag Lorac - Groth vom 21.12.2012:


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Kommentare: 10
  • #1

    Siegfried Schlosser (Dienstag, 11 November 2014 11:17)

    sehr schön herausgearbeitet, wie das damals lief. Danke dafür!

  • #2

    Peter Meissner (Dienstag, 11 November 2014 11:40)

    ich finde es skandalös was sich da einige ( vom Volk gewählte ) Volksvertreter leisten .
    Diesen Filz sollte man schnellstens auf den Mond schiessen , aber dann kommt man dort wegen Mondverschmutzung ran.
    mir fehlen die Worte
    Peter Meissner, Kaiserslautern

  • #3

    Gerd Schering (Dienstag, 11 November 2014 14:45)

    Geradezu unglaublich, wie ein designierter Regierender Bürgermeister dieses Amt durch schmuddeliges Gemauschel dsikreditiert, ja sogar delegitimiert.
    Es wäre für Berlin am besten, träte er sein zukünftiges Bürgermeisteramt gar nicht erst an und als Bausenator zurück!

  • #4

    Ralf Engelke (Dienstag, 11 November 2014 16:02)

    Toll, kreativ. Wir brauchen genau solche Kreativen Ideen damit man das ertragen kann und wir allen Menschen mit wenig Text die Problematik näher bringen kann.

  • #5

    neu (Dienstag, 11 November 2014 19:55)

    Übrigens gehören Peter Unger auch die ehemaligen Holtzendorffgaragen, die als spekulationsobjekt seit jahren sich als unfreiwilliges Biotop erweisen.Was hat er dort vor ? Das BA und Schulte schweigen.

  • #6

    Siegfried Schlosser (Dienstag, 11 November 2014 22:04)

    Also, Herr Schulte....

    statt mich übern Tisch anzumachen, der obige Text sei "gelogen", sollten Sie hier als Kommentar die "Lügen auseinandernehmen, das wäre fairer.

  • #7

    Tommi (Dienstag, 11 November 2014 22:36)

    "...
    Thomas Groth: Wir brauchen eigentlich keine Hilfe vom Senat, um den Neubau anzukurbeln. Wir brauchen auf den Ebenen des Senats und der Bezirke nur klare Regelungen, eindeutige Konditionen und nachhaltige, zuverlässige Partner.
    ..."
    aus: http://goo.gl/ltVOn2

    darf ich vorstellen... "nachhaltige und zuverlässige Partner"

    so sieht es aus Herr Schlosser

  • #8

    B. Schulz (Freitag, 14 November 2014 20:48)

    Ein toller Beitrag - vielen Dank. Traurig, traurig - aber wahr.
    Der Wunsch von Gerd Schering ist auch der meinige und mir fallen noch mehr Politiker ein, die zur Schadensminimierung ihr Amt schnellstens aufgeben sollten.

  • #9

    Thomas und Familie (Samstag, 15 November 2014 11:26)


    Vielen Dank für diese tolle Zusammenfassung, das alles aufzubereiten und mit interessanten und wichtigen Details zu versehen, ist wirklich gelungen.
    Jede Woche informieren wir uns hier, um Unabhängigkeit zu wahren-natürlich auch über andere Sites und Organisationen.

    Mein Fazit:
    Was hier in Berlin zu den Themen Kleingärten, Stadtentwicklung und Mitsprachemöglichkeiten den Bürgern alles in Vergangenheit von Politikern versprochen, aber in den seltensten Fällen gehalten wurde, grenzt schon fast an Frechheit.
    Mit diesem Wissen als Politiker, die Ja auch nur Menschen sind, könnte ich abends nicht schlafen gehen. Was erzählen diese bloß Ihren Kindern über Ihre Leistung für diese Stadt während Ihrer Amtszeit?

    Als Befürworter und aktiver Unterstützer einer Gemeinsam zu gestaltenden und weiterhin so Grünen Stadt Berlin, freuen wir uns auf jeden neuen Tag den wir hier als Mieter (bezahlbar) wohnen können.

    Bitte berichtet weiterhin so detailliert und lasst nicht nach!

    Beste Grüße Thomas und Familie

  • #10

    jenny schon (Montag, 22 Dezember 2014 00:26)

    der Verlust der Basisdemokratie ist bedrohlich