Thema: Kosten für Freimachung und Beräumung

Gastbeitrag von Wolfgang Mahnke

Zum Tagebucheintrag vom 23. Dezember 2015 („Oeynhausen-Nord - Stand der Verhandlungen zur hälftigen Erhaltung der Gärten“) gab es etliche Anmerkungen. Die Kommentare 24 bis 27 schöpfen neue Hoffnung auf eine Verbesserung der Lage der Kleingärtner aus einem Artikel, der in der Zeitschrift des „Verbandes Deutscher Grundstücksnutzer (VDGN)“ erschienen ist und voreilige Kündigungen nebst Entschädigungsfragen behandelt (s. Link in Kommentar Nr 27).

 

Das dort Abgehandelte trifft allerdings nicht die Gemengelage bei „Oeynhausen Nord“:

 

Zunächst wird von einem Urteil des Landgerichts Frankfurt/Oder berichtet. Dort hatte der Vertrauensanwalt des VDGN versucht, eine Entschädigung für Kleingärtner zu erstreiten, denen auf Grund bevorstehender Bebauung gekündigt worden war. Die Klage wurde abgewiesen, weil nach Auffassung des Gerichts eine Bebauung nicht „alsbald“ bevorstand und deshalb die Kündigung als unwirksam anzusehen war.

 

Bei Oeynhausen Nord ist mittlerweile gerichtlich geklärt, dass die Bebauung „alsbald“ bevorsteht. Das Verwaltungsgericht hat das Land rechtskräftig verurteilt, die Bauvoranfrage des Eigentümers zu bescheiden und die notwendige Erschließung des Grundstücks auf eigene Kosten durchzuführen.

 

Nachdem das Verwaltungsgericht die maßgebliche Vorfrage geklärt hat, hat der Bezirksverband der Kleingärtner nun keine Chance mehr, das beim Landgericht Berlin anhängige Kündigungsverfahren zu gewinnen.

 

Die Annahme, dass „bei Enteignung der Eigentümer zuständig“ sei (s. Kommentare 25 und 27), lässt sich aus dem VDGN-Artikel ebenso wenig ableiten wie aus dem Bundeskleingartengesetz:

 

  • Eine Enteignung liegt vor, wenn der Staat Eigentum entzieht. Hier liegt kein staatlicher Eingriff vor, vielmehr wird ein privates Dauerschuldverhältnis beendet.
     
  • Die Entschädigung ist als Ausgleich für auf das Pachtgrundstück eingebrachte Sachen zu leisten (das sind auch Sachen sein, die vom Vorpächter übernommen worden sind). In den Fällen, in denen die Kündigung den Interessen des Verpächters dient, hat dieser - bei Bebauung: der Bauherr - die Entschädigung zu zahlen.

Geregelt ist dies in § 11 Bundeskleingartengesetz. Dort heißt es insbesondere in Absatz 1 Satz 1

 

„Wird ein Kleingartenpachtvertrag nach § 9 Abs. 1 Nr. 2 – 6“ (hier einschlägig: Nr. 5: alsbaldige Bebauung) „gekündigt, hat der Pächter einen Anspruch auf angemessene Entschädigung für die von ihm eingebrachten oder gegen ein Entgelt übernommenen Anpflanzungen und Anlagen, soweit diese im Rahmen kleingärtnerischer Nutzung üblich sind.“

 

und in Abs. 2

 

„Zur Entschädigung ist der Verpächter“ (das ist bei Oeynhausen Nord: Post/Lorac/Groth-Gruppe) „verpflichtet, wenn der Vertrag nach § 9 Abs. 1 Nr 2 bis 4 gekündigt worden ist. Bei einer Kündigung nach § 9 Abs. 1 Nr 5 oder 6 ist derjenige zur Entschädigung verpflichtet, der die als Kleingarten genutzte Fläche in Anspruch nimmt.“

 

Dagegen trägt der Verpächter die Kosten der Freimachung und Beräumung nicht. Diese Kosten sind nach der hier maßgeblichen Regelung des § 546 BGB vom Pächter zu tragen. Den Pächter trifft im Falle der Beendigung des Pachtverhältnisses die Räumungsverpflichtung, die die Beseitigungsverpflichtung hinsichtlich der eingebrachten Sachen umfasst.

 

Ob und - ggf - für welche Fallkonstellation das Landgericht Frankfurt/Oder eine Beräumungsverpflichtung auf die Verpächterseite verlagern will, wird im VDGN-Artikel nicht ausgeführt. Allerdings ist der Text des Artikels hier auch in sich nicht schlüssig:

 

Nachdem der Autor zunächst berichtet, der Gegenstand des Verfahrens sei eine Entschädigungsforderung der Kleingärtner und deren Klage sei abgewiesen worden, kann das Urteil rechtstechnisch keine verbindlichen Feststellungen mehr zu Beräumungskosten treffen. Ebenso unspezifisch ist der vom Autor in diesem Zusammenhang gegebene Hinweis auf eine Entscheidung des „Kammergerichts Berlin aus dem Jahr 2002“. 

 

Wolfgang Mahnke, 4. Januar 2016 

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Kommentare: 8
  • #1

    gina (Dienstag, 05 Januar 2016 04:01)

    Hallo Herr Mahnke,erst einmal danke für Ihre ausführliche Betrachtung und Ausführung.
    "Ob und - ggf - für welche Fallkonstellation das Landgericht Frankfurt/Oder eine Beräumungsverpflichtung auf die Verpächterseite verlagern will, wird im VDGN-Artikel nicht ausgeführt. Allerdings ist der Text des Artikels hier auch in sich nicht schlüssig:"
    Hier sollte es auch nur ein Hinweis auf das Urteil, des Kammergerichts Berlin 2002.sein,darauf jeder Anwalt ggf. Entsprechend Zugriff nehmen kann.




  • #2

    Atze (Dienstag, 05 Januar 2016 07:30)

    Hier sollte man einfach mal bei den Fachanwälten des VDGN nachgefragt haben, wie die Schlußfolgerungen in den Urteilsbegründungen einer allgemeiner Auslegung ensprechen könnten. Es bleiben viele Fragen offen. Welcher einzelne Unterpachtvertrag auf Oeynhausen-Nord wurde eigentlich rechtmäßig gekündigt?

  • #3

    Tulpenweg (Dienstag, 05 Januar 2016 09:00)

    Dieses Informationspolitik ist unerträglich; der Eine weiß dies, der Andere legt es wieder anders aus, jeder ist sehr bemüht und keiner weiß so genau was los ist. Ist es denn nicht mal möglich, dass der Verein oder wer auch immer endlich eine klare Stellungnahme von sich gibt, aus welcher erkennbar ist, wer nun was zu zahlen hat? Schlimm genug, dass wir bei dieser Kälte " in den sauren Apfel beißen müssen" und schnell den Garten räumen, aber so was von Unklarheit habe ich noch nie erlebt, auch unangenehme Informationen müssen auf den Tisch. Verschweigen hat noch nie etwas gebracht.

  • #4

    Tulpenweg (Dienstag, 05 Januar 2016 09:31)

    Liebe Unterpächter, Herr Mahnke, ich glaube juristische Einzelheiten und Deutungen gehören grundsätzlich in Profihände und sollten dort verhandelt werden. Schön wäre natürlich eine Ergebnistransparenz. Sicher gibt es Möglichkeiten auf die ein oder andere Sichtweise, beispielsweise ist vollständigkeitshalber im BKleingG §11 noch die Ergänzung zu lesen "Bei einer Kündigung nach § 9 Abs. 1 Nr. 5 oder 6 sind darüber hinaus die für die Enteignungsentschädigung geltenden Grundsätze zu beachten". Aber ich denke dieser Streitpunkt ist doch längst überschritten. Es gab es doch breite Zustimmung zum BVV Beschluß, der ja eindeutige Regelungen vorsieht, unabhängig von möglichen weiteren Rechtsstreitigkeiten. Würden wir nun als Gesamtfläche zur Disposition stehen, hätten wir sicher noch Möglichkeiten zu weiteren Auseinandersetzungen gehabt. Aber wir wurden nun mal in die Knie gezwungen und auf Rücksicht der verbleibenen <50% Unterpächter haben wir uns auf der letzten Sitzung bereit erklärt gegen eine "anständige" Entschädigung nach dem BVV Beschluß die Gärten kurzfristig aufzugeben, ohne Baulichkeiten beseitigen zu müssen. Die Frage ist also: Können wir uns darauf verlassen, dass der Rest gesichert ist und wir in der Form entschädigt werden, die es uns ermöglicht einen gleichwertigen Garten zu erhalten? Leider ist es durch den spärlichen Informationsfluss im Verfahren, Stillschweigen hin oder her, frostbedingt nun zu spät, auch noch Pflanzen zu retten.

  • #5

    Tulpenweg ungleich Tulpenweg (Dienstag, 05 Januar 2016 09:33)

    Nur zur Info, der Text hat etwas gedauert, deshalb ist ein anderer Tulpenweg schneller gewesen.

  • #6

    A.C. (Dienstag, 05 Januar 2016 09:37)

    @ Atze: Eine Kündigung ist eine einseitige Willenserklärung, sie muss zugehen. Unsere Unterpachtverträge enden wenn der Zwischenpachtvertrag gekündigt wird, so steht es zumindest in unserem Pachtvertrag. Über die Kündigung des Zwischenpachtvertrages sind wir in 2013 informiert worden - mit Kopie der Kündigung durch Lorac in der Anlage. Eine gesonderte Kündigung des Bezirksverbandes an die Unterpächter ist nicht erforderlich, so ist das auch bisher kommuniziert worden.

    @ Tulpenweg: Niemand verschweigt hier etwas, derzeit gibt es keine neueren Informationen. Es muss eine Einigung zwischen Groth, dem Bezirksamt und dem Bezirksverband erzielt werden. Das letzte Treffen war kurz vor Weihnachten und danach sind alle informiert worden. Konkreter ist es bisher nicht. Auch der Vorstand kann sich keine Infos backen nur weil er sie gerne hätte sie aber nicht da sind. Im Bezirksamt ist zwischen den Feiertagen nichts passiert und in dem einen Beitrag hier steht, dass am 7. Januar ein weiterer Termin stattfindet. Sicher werden wir danach zeitnah informiert, wie es bisher immer der Fall war.

    Schade, dass hier so Viele auf Meckermodus schalten anstatt sich konstruktiv zu beteiligen. Vielleicht versetzt sich mal der ein oder andere in die Lage des Vorstandes derzeit. Wir sind begeistert wenn wir hören, dass bei all dem was derzeit bedacht werden muss der Vorstand auch noch versucht Unterstellmöglichkeiten für die Pächter zu organisieren. Sicher wünscht sich der Vorstand auch mehr Zeit. Wenn jemand hier Vorschläge hat, kann man die auch in netterem Ton vorbringen.

    Friedvolle Grüße an alle

  • #7

    Gartenfreund (Dienstag, 05 Januar 2016 14:26)

    Im BVV Beschluß sind doch Beräumung und Entschädigung, ein neues Vereinsheim und Sicherheit für die verbleibenden Gartenfreunde genau geklärt worden!
    Sogar mit Bezug auf die Rechtslage und damit sind alle einverstanden gewesen.
    Das war unstrittig und die Verhandlungsgrundlage.
    Es wurde sogar beschlossen die betroffenen Kleingärtner unabhängig irgendwelcher Rechtsfragen mit 3 Mio. pauschal abzufinden, da sie sowieso ein Recht darauf hätten lt. Bundeskleingartengesetz!!!.
    Sogar nach Beschluß der heißgeliebeten BVV ist das anscheinend doch eindeutig.

    Nun stimmen aber die Verhandlungsergebnisse nicht damit überein und es stellt sich die ganz einfache Frage warum das so ist?

    Wer dreht denn das Rad nun wieder zurück?
    Anscheinend Groth und dann muß man das einfach mal erklären, daß Groth sich nicht an den BVV-Beschluß halten möchte.
    Nach BVV-Beschluß gibt es dann aber auch keine Baugenehmigung für 6 Geschosse.
    Um diese Information geht es und nicht um Rechtsfragen die uns nicht noch nicht einmal betreffen, wie Herr Mahnke dankenswert mitteilt.
    Es war alles im BVV-Beschluß längst geklärt und unsere Verhandlungsgrundlage!
    Wer ist davon abgewichen und warum?
    Bitte um den eigentlich fälligen Gastbeitrag dazu.
    Danke


  • #8

    gina (Dienstag, 05 Januar 2016 18:39)

    "die Äußerungen sind zum Teil überholt. Der VDGN hat in seinem Verbandsjournal "Das Grundstück" Ausgabe 11/12/2015 auf Seite 23 über ein Berufungsurteil des OLG Brandenburg berichtet. Darin wurde über die Entscheidung des OLG berichtet, dass die Kleingärtner nicht ihre Parzelle von Baulichkeiten und Anpflanzungen beräumen müssen, wenn sie eine Enteignungsentschädigung erhalten wollen. Aus diesem Grund gehen die Äußerungen am eigentlichen Thema vorbei, da der Investor sich zur Finanzierung der Räumung verpflichtet hat und der Bezirksverband übernommen hat, die Räumung zu organisieren. Die Kleingärtner werden verpflichtet, die Parzelle von ihrem persönlichen Hab und Gut zu "beräumen".
    Der Investor hat sich zur Zahlung von Enteignungskosten von 3 Mio. € verpflichtet. Offensichtlich will der Bezirksverband von dieser Summe soviel wie möglich für die Beräumung abziehen. ???
    Die Meinung eines Außenstehenden ...........