Der Kandidat

Gegen die Kleingärtner zum Regierenden Bürgermeister?

von: Holger Jost

So, so… Jetzt also auch Michael Müller. Auch der Senator für Stadtentwicklung und Umweltschutz möchte Wowereit-Nachfolger werden. Ganz schön mutig, als bereits mehrfach Abgewatschter jetzt zur innerparteilichen Wahl zum Regierenden Bürgermeister antreten zu wollen. Vor allem, wenn sich der Tempelhofer schon knappe zwei Jahre später als Spitzenkandidat der nächsten Abgeordnetenhauswahl stellen müsste – und das wohl gegen die meisten Stimmen der Berliner Kleingärtner. Ob er wirklich das Beste ist, was die Berliner SPD aufzubieten hat … ??

 

Kleingärtner

 

Mit denen legte sich MiMü spätestens an, als er im Dezember verkündete, für günstigen Wohnraum müssen auch Kleingärten und Grünanlagen weichen. Ein mächtiger Gegner für Müller: Denn im Schnitt dürften jeweils etwa 5 Wahlberechtigte auf eine der rund 70.000 Berliner Laubenpieperparzellen entfallen – also vielleicht 350.000 potentielle Wähler. („Wer Kleingärtner quält, wird abgewählt!“). Zum Vergleich: Bei der letzten Berlinwahl erhielt die SPD 2011 knapp 453.800 gültige Erststimmen.

 

Ehrlichkeit

 

Mindestens einer von Beiden müsste rein rechnerisch die Unwahrheit sagen, Michael Müller oder Klaus Groth. Brüstet sich doch der Baulöwe laut Zeugenaussagen damit, sich auch beim Stadtentwicklungssenator grünes Licht für die Bebauung der Kleingartenkolonie Oeynhausen abgeholt zu haben – „selbstverständlich“. Groth soll das mündlich bereits im Mai 2013 berichtet haben, auf so ein Treffen könnte später auch ein Brief hinweisen.

 

Michael Müller dementierte im September 2013 aber auf eine mündliche Anfrage: „Seitens des Senats haben durch das fachlich zuständige Senatsmitglied keinerlei derartigen Gespräche stattgefunden.“

 

Und vor kurzem dementierte auch Müllers Sprecherin, dass das zuständige Senatsmitglied Gespräche mit dem Baulöwen geführt habe.

 

Wem würden Sie glauben? Senator oder Investor? Allein, dass wir uns diese Frage stellen, zeigt, wie weit es mit der SPD-Politik gekommen ist. Allerdings sollte der gelernte Drucker Michael Müller ja wissen, was schwarz auf weiß, also eine schriftliche Aussage bedeutet.

 

Niederlagen

 

Schon öfter bekam Michael Müller kräftig was auf die Nase:

 

Erst wurde er den Fraktionsvorsitz los. Dann verlor er im Juni 2012 auch noch mit 101:123 Stimmen in einer Kampfabstimmung den SPD-Landesvorsitz gegen Jan Stöß – der jetzt ausgerechnet wieder als Gegenkandidat aufläuft.

 

Und im Mai 2014 erlebte Michael Müller sein Waterloo beim Volksentscheid um die Bebauung des Tempelhofer Feldes, für die er sich persönlich eingesetzt hatte. Dabei hat er sich unter dem Wahlvolk sicher auch nicht viele Freunde gemacht. Gerade mal ein Vierteljahr her. Schon vergessen?

 

Demokratieverständnis

 

Ende Dezember 2012 vermeldete Michael Müller bereits Neuigkeiten über die Kleingartenkolonie Oeynhausen – Tage bevor die zuständigen bezirklichen Gremien überhaupt die sogenannte „50:50-Lösung“ für eine Teilbebauung abgenickt hatten. Prinzip: Demokratie bin ich?

 

Antennen

 

Die scheinen bei Michael Müller nicht sehr sensibel zu sein.

 

Nach Medienberichten vermeldete der Senator im Pressesaal seiner Verwal-tung seinen Wunsch, Regierender werden zu wollen. Das aber ist Parteiangelegenheit, hat nichts mit Stadtentwicklung oder Umweltschutz zu tun.

 

Scheinheiligkeitsfaktor

 

„In Zukunft möchte sich Müller mit den Fragen sozialen Ausgleichs in Berlin beschäftigen. Das mache er als Stadtentwicklungssenator bereits vor allem im Bereich des Wohnungsbaues. Er wolle sich darüber hinaus für eine solidarische Stadtgesellschaft einsetzen“, zitiert ihn jetzt der rbb.

 

Worte, denen seine Taten nicht standhalten. Warum werden dann überwiegend Luxuswohnungen gebaut? Wo blieb ein „sozialer“ Wohnungsbau, wo bezahlbare Mieten? Und warum eigentlich erst in Zukunft?

 

Fazit

 

Soll ein Kleingärtner jetzt Herrn Müller und seiner Kandidatur trotzdem die Daumen drücken, nach dem Motto: Dann sind wir ihn als Stadtentwicklungssenator wenigstens los?

 

Wer weiß, wer ihm nachfolgt. Nachher beerbt ihn noch ein Beton liebender kleiner roter Stadtrat aus Charlottenburg-Wilmersdorf… In dieser SPD scheint inzwischen alles möglich.

 

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Kommentare: 4
  • #1

    Nachher... (Sonntag, 31 August 2014 23:52)

    ... beerbt ihn noch Naumann. Der verweist zwar bei Unannehmlichkeiten gerne auf seine Unzuständigkeit und das Ressortprinzip, scheint aber neuerdings in Sachen "Ö" seine stadtentwicklungspolitische Ader entdeckt zu haben.

  • #2

    Rob (Montag, 01 September 2014)

    Mindestens die Politik der SPD ist in Berlin von Haus aus nicht sozial, ehrlich und zuverlässig.
    Darum geht es den Herren und Damen (gibt ja nicht einmal eine Kandidatin zur Bürgermeisterin) auch nicht.
    Es ist ein Spiel um Macht und Geld.
    Da hilft nur Öffentlichkeit und politischer Druck bis zur Abwahl!
    Wowereit ist der 1., der das sinkende Schiff verläßt und Müller, Naumann, Schulte werden folgen. Das wissen die auch aber glauben es noch nicht und klammern sich um so mehr an ihre Machtpositionen.
    Die müssen wir einfach nur rausschmeißen.
    Wir haben die Unterstützung sehr vieler Bürger in ganz Berlin und inzwischen ein wirklich mächtiges Netzwerk aufgebaut. Herzlichen Glückwunsch !
    Aber auch europaweit klappt die Vernetzung immer besser und werden wir in unseren Forderungen von der europäischen Kleingartenvereinigung unterstützt.
    Dort sind wir ein Zusammenschluß von 3.000.000 Kleingartenfamilien.
    Ich habe mich nicht verschrieben es sind DREI MILLIONEN.
    http://www.jardins-familiaux.org/d_start.html
    "Durch die Wahrnehmung des partizipativen Status beim Europarat und der Pflege von Verbindungen zum Europa Parlament und der EU Kommission trägt das Office zur Verstärkung des Bewusstseins, dass die Kleingärten zu Verbesserung der Lebensqualität in den Städten notwendig sind, und dass sie rechtlich abgesichert sein müssen, bei."
    Und nicht vergessen:
    Wer .............wird abgewählt !!!

  • #3

    Gartenzwerg (Montag, 01 September 2014 13:57)

    Die Krise der SPD wird durch das politisch und menschlich unwürdige Tun ihrer Repräsentanten in Stadt und Bezirk gemacht und ist Ausdruck eines grenzen- und würdelosen Opportunismus zum persönlichen Wohlstand und Fortkommen, nicht zuletzt im politischen bzw. parlamentarischen Alltagsgebaren. Dieser sogenannten in Verantwortung für das Gemeinwohl stehenden SPD – Elite ist der soziale demokratische Anstand abhanden gekommen. Ein Anfang zur Besserung wäre es, den Grund und Boden der Kolonie Oeynhausen für die Stadt Berlin und deren Bürger zu retten. Hierzu ließen sich mit Sicherheit auch beschränkende Zukunftsvereinbarungen mit den „verpönten“ direkt betroffenen Kleingärtnern treffen…

  • #4

    Neuberlinerin (Montag, 01 September 2014 23:28)

    Ick gloobe die spinnen!

    Als Zugereiste muss ich sagen, ich kann die Berlinerinnen und Berliner echt verstehen, dass Sie da sauer werden.

    Tempelhof wollte Berlin nicht, Oeynhausen in Beton auch nicht und was macht die SPD... ignoriert, grinst, leugnet und schmeisst Millionen in BER und Tempelhof aus dem Fenster. Alles für Projekte, nach denen Niemand gefragt hat.

    Ich liebe die Kauzigkeit und Bodenständigkeit der Leute hier immer mehr und gehe demnächst mit auf die Barrikaden. Wir (neu)-Berlinerinnen und Berliner lassen uns das nicht mehr gefallen.